Sud Ouest
Im Schatten des mondänen Glanzes der großen Bordeaux-Châteaux liegt zwischen dem Zentralmassiv im Nordosten, den Pyrenäen im Süden und dem Atlantik im Westen mit dem Sud Ouest die viertgrößte Weinregion Frankreichs. Noch immer weitgehend unbeachtet, entstehen hier ausgesprochen eigenständige Weine - was nicht zuletzt an dem einzigartigen genetischen Schatz autochthoner Rebsorten liegt.
Einige dieser Rebsorten, wie beispielsweise Malbec und Tannat, haben sich zu Leitrebsorten in Anbaugebieten der Neuen Welt entwickelt. Andere, deutlich unbekanntere, sorgen für die Vielzahl an unterschiedlichen Weinstilen, die den Südwesten Frankreichs auszeichnen. Oder haben Sie - um nur einige zu nennen - schon von Abouriou, Bouillet, Négrette, Camaralet oder Len de L’El gehört?
Zu dieser Vielzahl an Rebsorten gesellt sich die große Anzahl ganz unterschiedlicher Terroirs. Auch wenn das Klima hauptsächlich vom Atlantik beeinflusst wird, der dafür sorgt, dass im westlichen und südlichen Bereich ein mildes, ausgewogenes Klima mit hohen Niederschlagsmengen vorherrscht, werden weiter landeinwärts kontinentale Einflüsse spürbar, während ganz im Südosten mediterrane und atlantische Einflüsse um die Vorherrschaft ringen.
Hinzu kommen die unterschiedlichen Böden – Schwemmlandböden mit Sand- und Kiesanteilen in den Flusstälern, wie beispielsweise im Cahors. Oder die Verwitterungs- und Schotterböden im Vorland der Pyrenäen und des Zentralmassiv, wie sie in der baskischen Appellation Irouléguy oder dem östlich davon gelegenen Jurançon vorherrschen, dessen Weine zu den charaktervollsten Weißen Frankreichs gehören. Weshalb Sud Ouest also viel weniger ein homogenes Anbaugebiet bezeichnet, denn als Sammelbegriff dient, unter dem 29 AOP und 14 IGP-Herkünfte mit ganz unterschiedlichen Eigenarten zusammengefasst werden, in denen sich alle Weinstile finden.
Daneben ist der Südwesten Heimat der geschichtsträchtigsten Spiritouse Frankreichs: Aus der ländlich-bukolischen Gascogne mit ihrer opulenten, bodenständigen Küche, stammt mit dem Madiran nicht nur einer der langlebigsten französischen Roten, sondern mit dem Armagnac überdies ein Weinbrand, dessen Ursprünge bis in das frühe 14. Jahrhundert zurückreichen.
Einst haben die Weine des Südwestens vor allem dazu gedient, die namhaften Kreszenzen aus dem Bordelais mit Kraft und Farbe zu versorgen. Heutzutage ist die noch immer unzureichend beachtete Weinregion vor allem eine Fundgrube für preiswerte Alternativen auf hohem Niveau, die es zu entdecken gilt.